Großes Potenzial, organisatorischer Nachholbedarf

Virtual Design (B.A.)

  • Studieninhalte
    4.0
  • Dozenten
    3.0
  • Lehrveranstaltungen
    3.0
  • Ausstattung
    5.0
  • Organisation
    2.0
  • Literaturzugang
    4.0
  • Digitales Studieren
    5.0
  • Gesamtbewertung
    3.7
Ich habe den Studiengang Virtual Design BA im September 2020 begonnen und im August 2024 abgeschlossen. Meine Erfahrungen, sowohl positiv als auch negativ und meine Verbesserungsvorschläge möchte ich hier mitteilen:

Vorweg die positiven Aspekte:

- sehr umfangreiches Themenfeld
Bereits zum Start des Studiums wird einem ein großes Modulportfolio präsentiert. Im Verlauf erhält man dann viele verschiedene Einblicke, wodurch sich für einen selbst manchmal schon früh potenzielle Richtungen herauskristallisieren. Die Module werden nicht selten von Dozenten aus der Industrie begleitet, welche dadurch über die aktuellsten Methoden und Herangehensweisen Bescheid wissen. Das Grundpaket wird dann noch durch ein mindestens genauso weitläufiges Angebot an Wahlfächern (Pflichtanteil) ergänzt, was sehr ansprechend ist.
Bereiche unter anderem: CAD, 2D, Concept-Art, 3D, VFX, Automotive, Game Design, Programmieren, Video, Audio, Compositing und viele weitere.

- viele Möglichkeiten, den eigenen Weg zu finden
Das Studium lässt sich oft sehr frei gestalten und bietet die Chance, eigene Herangehensweisen zu entwickeln.

-für eine staatliche Universität sehr gute Ausstattung mit potenten PC-Pools
Mindestens ein leistungsstarker Rechner ist für die Bearbeitung der meisten Module essenziell. Da dies oft mit hohen, vierstelligen Kosten verbunden ist (kalibrierbarer Monitor, PC, Peripherie etc.) gibt es alles, was man tendenziell brauchen könnte, auch in den Rechnerpools in den Hörsälen ohne sich einen Rechner mit anderen teilen zu müssen. Auch ein eigenes VR-Lab mit Virtual Reality Brillen und Greenscreen können einem viele kostspielige Investitionen ersparen, vorausgesetzt man ist dazu bereit, an die Uni zu fahren.

- Kontakte der Professoren zur Industrie
Spätestens bei der Bewerbung um die Praktikumsplätze für den Pflichtbereich und die Praxisphase können einem die Beziehungen einzelner Professoren zu größeren Firmen aus z.B. der Automobil- oder Filmindustrie viele Türen öffnen, wenn man sich vorher durch gute Leistungen einen Namen gemacht hat. Stellt man sich dann während des Praktikums gut an, erhält man nicht selten auch die Chance, bei dem jeweiligen Unternehmen seine Abschlussarbeit zu schreiben.

- Software
Während des Studiums wird man mit mehr als 15 Programmen konfrontiert, welche man (bis auf wenige Ausnahmen) auch immer wieder verwenden und zur Ausarbeitung seiner Projekte in einem gewissen Rahmen frei für alternative Herangehensweisen kombinieren kann. Am Ende der Regelstudienzeit startet man dann mit einem guten Gefühl in den Arbeitsmarkt und kann einer Vielzahl von verschiedenen Stellenanforderungen gerecht werden.

- Auslandssemester
für mich die mit Abstand beste Zeit des Studiums und vielleicht auch eine der besten Zeiten meines Lebens. Während man in anderen Studiengängen wie BWL oft um die wenigen verfügbaren Plätze kämpfen muss, hat man in VD durch das generell eher geringe Interesse an einem Auslandssemester Top-Chancen auf eine ereignisreiche Zeit in Spanien, Frankreich oder Korea (Stand: 2022/2023). Die Partnerunis haben teilweise eine international sehr hohe Reputation (z.B. LCI Barcelona) und der Bewerbungsprozess gestaltet sich verhältnismäßig simpel. Großzügige Finanzspritzen wie etwa durch Erasmus +, die Stipendienstiftung Rheinland-Pfalz und weitere Partnerstipendien versichern, dass der Weg ins Ausland nicht an den eigenen, dafür verfügbaren Mitteln scheitert. Das Auslandssemester hat mir bereits heute einige Pluspunkte im Lebenslauf beschert und daher kann ich diesen Punkt nur jedem wärmstens empfehlen. Die Professoren und Dozenten sind hier auch sehr motivierend und helfen einem gerne bei Fragen und eventuellen Ängsten.

-Faire Bewertungen, wenn man Einsatz zeigt
Die Noten der einzelnen Prüfungen und vor allem der Abschlussarbeit sehe ich in meinem persönlichen Fall als sehr fair an. Solange man am Ball bleibt, sich in den Vorlesungen bemüht, anwesend ist und generell den Willen für ein gutes Ergebnis zeigt, werden einem oft auch kleinere Fehler verziehen und die Arbeiten generell fair bewertet. Ab und zu gab es aber auch Kritik von Dozenten aus den Bereichen Audio und Video, welche nicht ganz nachvollziehbar war.

-Gute Möglichkeiten, sich von der Masse abzuheben
Virtual Design ist kein traditioneller Studiengang, welcher auf dem Prinzip Vorlesung, Bücher und Auswendiglernen basiert. Zwar sollte man die Vorlesungen besuchen, um notwendige Workflows zu verstehen, und nahegelegt zu bekommen, jedoch kann man sich auch durch zusätzliche Tutorials von Artists aus der Industrie aus dem Internet weitere Skills aneignen, die über die Erkenntnisse aus den Vorlesungen hinausgehen und die eigene Arbeit am Ende von denen der anderen abheben. Ein Punkt, der vor allem bei der Jobsuche zum Ende des Studiums von Vorteil ist.

-Existieren von Lerngruppen
In meinem Semester haben wir uns oft abends nach den Vorlesungen auf Discord zusammengetan, um Probleme, Arbeitsstände und andere Themen zu besprechen. Dadurch kann man sich einander bei Fragen unterstützten und ist somit für die nicht selten auftauchenden Gruppenarbeiten besser aufgestellt.

-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
An sich also ein auf den ersten Blick sehr stimmiges Paket mit starkem Potenzial für junge, kreative Artists. Leider bleiben dabei wichtige Punkte oft auf der Strecke:

- fehlende Transparenz bei Regelungen und Entscheidungen:
Hier möchte ich vor allem auf meine Erfahrung während meines Auslandssemesters referenzieren. Vor meiner Reise zur Partneruniversität in Barcelona wurde mir von den Professoren zugesichert, dass ich in diesen 6 Monaten sowohl die Praxisphase (Pflichtteil des Studiums, normalerweise durch ein Pflichtpraktikum abgedeckt) absolvieren als auch Credit Punkte für meine normalen Fächer sammeln könne. Mitten im Semester kam dann vom Prüfungsamt der Hammer, dass die Praxisphase hierdurch angeblich doch nicht abgedeckt werden kann. Aussagen wie: "In einem Unternehmen haben die Studierenden viel mehr Arbeit" nehmen einem dann ein wenig die Motivation, wenn man extra für das Auslandssemester noch eine neue Sprache (in meinem Fall Spanisch) bis zum Level B1 lernen musste. Erst wenn man dann mit rechtlichen Schritten droht, geht plötzlich doch alles und es wird für zukünftige Studierende direkt richtig kommuniziert. Man bekommt das Gefühl, dass kompliziertere Themen und Anfragen der Einfachheit halber erstmal abgelehnt werden, da die Kapazität fehlt, sich damit auseinanderzusetzen. Dieses Band zieht sich dann weiter bis hin zur wichtigen Abschlussarbeit. Die Fachprüfungsordnung ist genau 3 Seiten lang und man wird kaum aus ihr schlau. Bei Rückfragen an das Prüfungsamt wie groß z.B. der Umfang des schriftlichen Teils ausfallen muss, wird man gebeten, dies mit seinem Betreuer zu klären. Die Entscheidungsebene der Hochschule ist leider nicht selten ein undurchsichtiger Dschungel. Hier sehe ich den mit Abstand größten Nachholbedarf, damit sich die Studenten weniger im Stich gelassen fühlen.

- Unsicherheit über die richtige Bearbeitung seitens des Prüfungsamts:
Leider sind dem Prüfungsamt bei mir und meinen Mitkommilitonen einige gröbere Fehler unterlaufen. So blieben manche Credits, die man während des Semesters gesammelt hatte, einfach "vergessen" und wurden nicht eingetragen. Erst nach Bitte der Studenten fiel dem Prüfungsamt dieser Fehler auf. Das Nachtragen hat in diesen Fällen zum Glück nicht lang gedauert. Dennoch vermittelt dies ein ungutes Bauchgefühl.

- unverständliche Urlaubszeiten mit unterbesetzter Vertretung:
Aufgrund einer Jobmöglichkeit nach dem Studium hatte ich meine Bachelor-Abschlussprüfung einen Monat vor den anderen Studenten und Studentinnen meines Semesters gehalten, nur um dann am Ende doch gleichzeitig meine Abschlussnote zu erhalten. Der Grund: Das Prüfungsamt hatte in der Hochphase der Prüfungen und Abschlusspräsentationen Urlaub. Dadurch haben sich die Ausgabe der Zeugnisse und Bescheinigungen über den Abschluss unnötig in die Länge gezogen. Generell muss man sagen, dass die Mühlen des Prüfungsamts sehr langsam mahlen.

- oft schlechte Erreichbarkeit einzelner Professoren:
Auf Antworten auf Mails wartet man manchmal leider vergebens. Oft kommen sie auch mit 1-2 Wochen Abstand zurück. Nicht selten muss man dann eine Erinnerung hinterher senden, um eine Reaktion zu erhalten.

- teilweise fragliche Besetzungen der Dozentenplätze:
Besonders das Fach Videoschnitt ließ bei mir und den Kommilitonen etliche Fragen offen. (Stand 2022) Der Dozent warf am laufenden Band mit Aussagen um sich, welche bereits seit etlichen Jahren wissenschaftlich widerlegt worden bzw. faktisch einfach falsch sind. Workflows und Tools aus dem Repertoire von „Verklag mich doch“ oder „Family Stories“ werden einem an‘s Herz gelegt und moderne Ansätze wie LUTs, Speed Ramps und ein tieferer Einstieg in Premiere Pro oder Final Cut bleiben gänzlich auf der Strecke. Man fühlt sich, als würde man eine Ausbildung zum Clip-Ersteller bei DSF absolvieren. Bedauerlicherweise wird der Bildungsauftrag in diesem Fach meines Erachtens völlig verfehlt. Und gerade bei diesem Thema, dem Videoschnitt, der am Ende das Portfolio auf eine emotionale Art und Weise zusammentragen soll, ist eine gute Basis so wichtig.
So hart es klingt: Sich alle YouTube Tutorials von Peter McKinnon oder Matti Haapoja anzusehen hätte zu einem breiter aufgestellten Skillset und qualitativ hochwertigeren Ergebnissen geführt als diese Vorlesungen. Dazu kommt, dass der Dozent nach der Prüfung so gut wie nicht mehr zu erreichen war und das Eintragen der Noten ewig verschleppt hat.

- Riesige Sprünge zwischen manchen Semestern:
Besonders am Anfang ist dies zu spüren. Nachdem in den ersten beiden Semestern nur die Grundlagen des 3D Bereichs angerissen werden, darunter Low Poly Modellierung, einfache 3-Licht Setups und das Aufbauen einfacher PBR-Shader, zieht das Tempo im dritten Semester (Stand: 2021/2022) plötzlich enorm an. Gleich zwei der umfangreichsten Projekte des Studiums (Charakter Design und VFX) werden hier in ein Semester gepackt. Das sechste Semester hingegen enthält 2 Module, die nur einen Bruchteil der Zeit in Anspruch nehmen. Für viele war dies das erste Mal, dass sie nicht mit allen Modulen innerhalb eines Semesters fertig werden konnten. Besonders Charakter Design ließe sich gut in Part I im zweiten Semester und Part II im dritten Semester aufteilen, um viele nicht zu überfordern.

- Regelstudienzeit:
Das Studium ist (auch mit Auslandssemester und Praxissemester) in den vorgegebenen 7 Semestern absolvierbar, jedoch bleibt hier dann kaum noch Zeit für Nebenjobs oder andere zeitintensive Tätigkeiten. Eine Umverteilung der Module sowie das Anheben der RSZ auf 8 Semester wären vielleicht ein denkbarer Ansatz. Dies würde einigen Studenten den psychischen Stress nehmen, da viele sowieso 1-2 Semester länger studieren. Dadurch könnte man zwischen den Semestern auch besser das neu Erlernte reflektieren und würde nicht so sehr durch die einzelnen Halbjahre hetzen.

- Einige fragwürdige Module:
Ich habe diesen Studiengang belegt, um später Jobs wie UI/UX Design oder CGI-Artist nachgehen zu können und so "modern" präsentiert sich der Studiengang auch in seiner Außenwirkung. (Dies soll nicht ausschließen, dass man sich auch auf weniger technikbasierte Wege begeben kann.) Leider wird man immer wieder mit Modulen konfrontiert, die sich rein damit beschäftigen, seitenlange Essays über Kunstbegriffe zu erarbeiten, Texte zu analysieren, die mit modernen Designansätzen kaum noch etwas zu tun haben und einen am Ende mit der Frage dastehen lassen, wofür man das jetzt genau alles getan hat. Kunstgeschichte bietet sich in diesem Fall vielleicht eher als Wahlfach für die Interessierten an. Diese Module bringen eine unnötige Schwere in den sonst leicht und frisch wirkenden Studiengang und fühlen sich eher wie ein lästiges Tutorial zu Beginn eines Spiels an, welches man nicht überspringen kann.

-Module ohne richtige Vorlesungen
Im klassischen Sinn der Uni erwartet man einen Dozenten, der sein Fachwissen an die Studierenden weitergibt. Unglücklicherweise wurde in einem Fach ein Ansatz vom Professor gewählt, die Inhalte der Vorlesungen immer als Gruppenarbeit in einer Stunde von den Studenten vortragen zu lassen, um dann am Ende zu kritisieren, welche Informationen in den Vorträgen falsch waren. (Stand 2023) Wieso dann nicht einfach direkt selbst unterrichten und die Vorlesungen halten? Wenn man dann nicht anwesend war, weil man andere Projekte bearbeiten wollte, wurde einem mit Nichtbestehen gedroht, was rechtswidrig ist, da es keine generelle Anwesenheitspflicht gibt.


Abschließend muss ich sagen, dass ich froh bin, den Studiengang belegt zu haben, da er mir zu einem tollen Job und vielen neuen Fähigkeiten verholfen hat. Enttäuschenderweise war der Weg dahin an vielen Stellen unnötig schwer und zu steinig, was man durch ein paar wenige organisatorische Eingriffe in den Studiengang und vor allem die Verwaltung leicht beheben könnte. Dies würde dann allen voran der Langzeitmotivation zugutekommen und verhindern, dass viele gute Studierende Fächer und Module schieben oder gar das Studium abbrechen.
  • Ausstattung der PC Räume, Virtual Experience Labor, verfügbare Hardware, Exkursionen, Auslandssemester, viele interessante Fäche
  • leider auch viele unnötig und überflüssig wirkende Fächer, organisatorisch vor allem auf Seiten des Prüfungsamts schwach

Aktuelle Bewertungen zum Studiengang

3.9
Bianca , 03.08.2024 - Virtual Design (B.A.)
4.6
Lou , 25.06.2024 - Virtual Design (B.A.)
4.3
Nico , 23.06.2024 - Virtual Design (B.A.)
3.2
K. , 18.06.2024 - Virtual Design (B.A.)
4.3
Anonym , 14.06.2024 - Virtual Design (B.A.)
3.4
Julia , 17.03.2024 - Virtual Design (B.A.)
4.4
Nico , 07.03.2024 - Virtual Design (B.A.)
4.9
Theresa , 15.02.2024 - Virtual Design (B.A.)
3.9
Jana , 05.02.2024 - Virtual Design (B.A.)
4.1
Steve , 21.01.2024 - Virtual Design (B.A.)

Über Ronny

  • Alter: 21-23
  • Geschlecht: Männlich
  • Abschluss: Ja
  • Studiendauer: 7 Semester
  • Studienbeginn: 2020
  • Studienform: Vollzeitstudium
  • Standort: Campus Kaiserslautern
  • Weiterempfehlung: Ja
  • Geschrieben am: 02.09.2024
  • Veröffentlicht am: 02.09.2024