Jura, but less painful - alles was du wissen musst

Nachdem ich nach drei Jahren meine letzte Amtshandlung in Form der Abgabe meiner Bachelorarbeit vorgenommen habe, kann ich das Studium an der HSPV NRW definitiv empfehlen. Es unterscheidet sich allerdings grundlegend von Studiengängen an "normalen" Hochschulen - dem sollte man sich bewusst sein. Zunächst benötigt man einen dualen Studienplatz bei einer Behörde. Dies hat den Vorteil, dass man bereits während des Studiums seinen eigenen Lebensunterhalt von dem Verdienst (~1400 € netto) bestreiten kann. Die Ausbildungszeit unterteilt sich in Blöcke. Zeitweise studiert man an der HSPV, teils arbeitet man bei seiner Einstellungsbehörde. Da man auch während der Studienzeiten bezahlt wird, besteht in diesen Abschnitten auch eine Anwesenheitspflicht.

Die Lehre der HSPV punktet insbesondere durch einen guten Betreuungsschlüssel. Auf einen Dozenten kommen lediglich ~30 Studierende, sodass die Lehre eher dem Unterricht an einer Schule gleicht. Die Qualität der Dozenten ist leider sehr durchwachsen. Einige sind super kompetent, können die Inhalte super verständlich vermitteln und opfern auch ihre Freizeit um die Studierenden auf anstehende Klausuren vorzubereiten. Andere kopieren Skripte von juracademy.de, lesen lediglich die Folien ab, können Rückfragen der Studierenden nicht beantworten und finden schlichtweg keinen Weg das Gelehrte in die Gehirne der Studierenden zu befördern. Dennoch überwiegt meiner Erfahrung nach der Anteil der guten Dozenten. Hier muss man aber wohl auch immer ein bisschen Glück haben.

Die Lehrinhalte sind (für mich) größtenteils sehr interessant. Neben dem allgemeinen und speziellen Verwaltungsrecht, welches in der Praxis wohl am ehesten von Nutzen sein wird, werden weitere juristische Themen wie Grundrechte, Staatsorganisation und Zivilrecht behandelt. Darüber hinaus werden auch wirtschaftswissenschaftliche Inhalte wie das externe Rechnungswesen, das kommunales Finanzmanagement oder die Kosten- und Leistungsrechnung behandelt. Einige Module wie Soziologie, Psychologie, Ethik und interkulturelle Kompetenz sind zwar ganz nett, könnte man sich mMn allerdings auch schenken. Naja, irgendwie muss man ja auf die 180 Credits kommen ;).

Die Schwierigkeit sollte man nicht unterschätzen. Natürlich ist es bei weitem nicht so umfangreich wie ein Jura-Studium. Dennoch gibt es Themen, die in beiden Studiengängen gelehrt werden und sich hinsichtlich der gestellten Anforderungen nicht (erheblich) unterscheiden. So habe ich aus Interesse nach dem dritten Semester angefangen Jura an der Uni Köln zu studieren und konnte mit dem Wissen aus der HSPV die Erstsemesterklausuren ordentlich absolvieren. Gleichwohl möchte ich hier niemanden verunsichern. Ich bin mir sicher, dass das jeder schaffen kann, der kontinuierlich von Anfang an am Ball bleibt. Mein Tipp: Benutzt Karteikarten-Apps wie Repetico oder Anki und macht euch nach jeder Vorlesung Karteikarten mit den wichtigsten Inhalten - dann kann nichts schiefgehen.

Die Parkplatzsituation am Standort Kalk ist ganz in Ordnung, während es am Standort in der Christophstraße schlichtweg keine Parkmöglichkeiten gibt. Beide Standorte sind allerdings gut mit Bus und Bahn zu erreichen, sofern diese nicht streiken. In diesen Fällen stellt man sich bei der Hochschulverwaltung leider regelmäßig quer und kommt den Studierenden nur äußerst selten entgegen. Dann nützt es auch nicht, dass sich Dozenten und Kurs dafür aussprechen, dass der Termin ausnahmsweise im Online-Format stattfinden soll. Solche Anfragen werden von der Verwaltung systematisch abgelehnt. Dies ist umso verwunderlicher wenn man bedenkt, dass die HSPV die Lehre so gestaltet, dass grundsätzlich alle vier Wochen eine Woche im Online-Format stattfindet. Sie gibt sich also durchaus digital. In Situationen, in denen die Online-Lehre dann aber wirklich mal erforderlich ist, fehlt der Verwaltung die Flexibilität - Schade! Die Hochschulverwaltung stellt allerdings nicht nur die Studierenden, sondern auch die Dozenten regelmäßig vor nervige Hürden. Stundenverschiebungen werden nicht (rechtzeitig) genehmigt, Prüfungstermine werden an das Ende eines langen Vorlesungstages gelegt (um 16:15; nach 6 Stunden Uni) und Vorlesungen werden in die Prüfungswoche geschoben. Alles Dinge, die eine Hochschule für "Verwaltung" eigentlich besser können müsste. Mein Dank geht an alle Kurssprecher raus, die sich damit tagtäglich auseinander setzen müssen.

Obwohl die äußeren Umstände offensichtlich nicht perfekt sind, möchte ich doch dazu motivieren dieses Studium aufzunehmen. Es ist zwar anspruchsvoll, aber sehr interessant und es macht Spaß sich mit den Themen auseinanderzusetzen. Lernen wird hier belohnt. Nach Abschluss des Studiums kann man mit Stellen bis A 11 ganz gut verdienen und mit dem Master geht es dann nochmal ein paar Besoldungsstufen nach oben. Bei der derzeitigen Digitalisierungsgeschwindigkeit sollte es zudem noch ca. 200 Jahre dauern bis unser Job von KI übernommen werden kann ;). Schlechte Dozenten lassen sich zudem auch immer durch ein gutes Lehrbuch ersetzen. Weitestgehend ist hier jeder seines Glückes Schmied. Viel Erfolg!

P.S.: Werdet nicht Kursprecher.